Mein strukturiertes Leben — zwischen To-Do und Was-solls-Listen

Jetzt mal Hand aufs Herz wie viele To-Do-Listen schreibt Ihr täglich ich mehrere:

Eine langfristige.
Eine für jeden Tag.
Eine zum Einkaufen.

Und eine für meinen Mann, der damit das einzig RICHTIGE tut: Er betrachtet sie als lose Anregung. Und manchmal schmeißt er sie sogar einfach weg.
Natürlich macht es mich durchaus wütend, wenn er meinem Wunsch, endlich das Altglas zum Container zu fahren oder endlich die neue Lampe aufzuhängen nicht nachkommt, aber im Grunde hat er ja recht. Es gibt meist wichtigeres im Leben mich zum Beispiel 😊

Mir selber ist es als überaus strukturierter Mensch jedoch unmöglich, meine eigenen Aufgabenlisten so ganz einfach zu ignorieren. Du darfst mich jetzt ruhig als „zwanghaft“ bezeichnen, aber die Dinger geben mir meine geliebte Struktur und eine exakte Übersicht darüber, was ich auf gar keinen Fall imstande sein werde zu erledigen.

Manche dieser Listen schreibe ich auch nur gedanklich. Die, die ich in die Notiz Funktion meines Handys schreibe finde ich bei fortschreitender digitaler Demenz zum Glück schonmal sowieso nicht wieder. Die erledigen sich also praktisch von alleine. Ansonsten bevorzuge ich Post-its.

Das Schlimmste an all meine Listen ist ja: sie werden einfach nicht kürzer. Sobald ich einen Punkt erledigt habe, kommt ein neuer hinzu. Oft stelle ich ernüchternd fest, dass ich mit meinen nicht abgehackten To-Do Listen der vergangenen 40 Jahre die gesamten Altpapiercontainer meines Heimatortes hätte füllen können.

Was nur machen Männer da anders? Also zumindest mein eigener Mann geht mit zu erledigenden Dingen ganz anders um. Nie würde er auf einen ausgiebigen Morgenspaziergang verzichten, nur weil unser Altglas den Weg in den Keller versperrt.
Männer schauen zunächst einmal auf Ihre eigenen Bedürfnisse und dann schauen sie mal, ob da wirklich noch Zeit bleibt zum Container zu fahren.
Genauer betrachtet ist, was auf den ersten Blick egoistisch klingt, doch eigentlich nur gesund. So wichtig ist das Altglas doch auch nicht, oder?
Oder doch. Ja doch, ich bin doch eine Frau und da irgendwie anders. Natürlich würde ich auch lieber spazieren gehen, währenddessen aber denken:
„Das Altglas! Ich muss doch zum Container! Jetzt aber hoppla!“
Ergebnis?
Mein Mann hat seinen Spaziergang genossen.

Also mal ganz ehrlich, ich kenne keinen Mann, der sich vornimmt, Schubladen auszusortieren, Altkleider auszumisten, Tupperdosen nach Farben zu sortieren und die Brotschublade von Krümeln zu befreien.
Wer von Euch eine Frau kennt, die ihre Brotschublade im Griff hat, kann mit Fug und Recht behaupten, jemanden zu kennen, den im Leben nichts mehr erschüttern kann.

Allen anderen geht es wohl eher so wie mir. Ich strukturiere, ich sauge, ich wische, ich sortiere, ich fege und manchmal, ja manchmal, da jammere ich auch. Trotz allem mache ich hartnäckig weiter – steht ja schließlich auf meiner Liste – und eine Woche später sieht alles wieder aus als hätte es mein Mann gemacht.

Zum Glück gibt es da ja aber auch noch diese langfristigen Projekte, von denen ich denke: Das schaffe ich jetzt nicht, aber später. Gelegentlich unterliege ich der wahnwitzigen Vorstellung, irgendwann die Zeit zu haben.
Als ich meinem Mann von einem dieser mich ständig quälenden Projekte berichtete, sagte er:
„Du schaffst das, wenn die Kinder größer sind“.
Damals erschien es mir wie eine realistische Einschätzung. Heute haben sie das Haus verlassen, sind 40, 38 und 31 …und schreiben To-Do-Listen.
Zumindest meine Tochter

Und weißt Du was ich jetzt mache? Ich schreibe „Was-solls-Listen“.
Das ist viel entspannender: Heute nicht Rasen gemäht, heute nicht gejoggt, heute nicht gesund ernährt, heute nichtund alles abgehakt.
Warum nur bin ich darauf nicht eher gekommen?

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